Smart Speaker, wie das Amazon Echo „Alexa“, sind mittlerweile in aller Munde. Die intelligenten Lautsprecher können über Schlüsselwörter bestimmte Aktionen ausführen.

Was für manche wie Science-Fiction und unheimlich klingt, kann in der Pflege optimal genutzt werden. Alexa repräsentiert dabei nur einen Bruchteil an Möglichkeiten. Ambient Assisted Living (AAL) bezeichnet „Altersgerechte Assistenzsysteme für ein unabhängiges Leben“. Während das sogenannte Smart Home auf Komfort ausgerichtet ist, hat sich AAL die Sicherheit in den eigenen vier Wänden zum Ziel gesetzt. Die Systeme nehmen Gewohnheiten als Auswertungsbasis. Sie merken sich die Bewegungsabläufe sowie Dauer an Aktionen und schlagen Alarm, wenn Daten von der Norm abweichen. Die Informationen können an bestimmte Personen weitergeleitet werden, wie Angehörige oder den Pflegedienst.
Ambient Assisted Living erleichtert den Alltag
Konkret kann das so aussehen: Im Schlafzimmer analysiert die mit Sensoren ausgestattete Matratze die Gründe für einen unruhigen Schlaf. Zudem ist sie mit einer Aufstehhilfe ausgestattet. Die Schublade des Nachtkästchens auf Armhöhe leuchtet auf und erinnert an die Einnahme von Medikamenten. Die Technik registriert, ob die Schublade und die Pillendose geöffnet wurde und speichert die Handlung für den Pflegedienst. LED-Bänder weisen im Dunkeln den Weg. Im Badezimmer erfasst der Spiegel Blut- und Zuckerwerte sowie Gewicht. In der Toilette ist eine Intimpflege integriert und der Fußboden würde im Falle eines Sturzes Hilfe rufen. Kehrt man in der Nacht nach einem Toilettengang nicht zurück ins Bett, kann das ebenfalls auf einen Sturz hinweisen und das System schlägt nach eingestellter Zeit Alarm. In der Küche verhindern Zeitschaltuhren das Überhitzen von Herdplatten, was Brände verhindern kann. Auch der offene Kühlschrank wird registriert und über eine Leuchte gemeldet. Sensoren in der Kühlschranktür können zudem erfassen, ob die Person regelmäßig Nahrung zu sich nimmt. Über Tablets können Raumdüfte und Wassertemperaturen eingestellt oder die Haustür geöffnet werden.
AAL hat viele Vorteile: von der Pflege zu Hause bis zur Entlastung des Pflegepersonals
Studien belegen, dass etwa 93 Prozent der Deutschen so lange im eigenen Heim wohnen wollen wie möglich. Das Pflegeheim ist oft lediglich die Notlösung. Die Systeme gewähren bei der Pflege zu Hause Sicherheit und entlasten Pfleger sowie Angehörige. Gleichzeitig wird die Selbstständigkeit der Bewohner bewahrt. Es geht darum, Aufgaben sinnvoll abzugeben. Dabei gilt: Je besser der Alltag einer Person erfasst ist, desto besser kann das Assistenzsystem darauf abgestimmt werden. Zugleich soll das System unauffällig im Hintergrund agieren, damit es den Alltag nicht beeinträchtigt. So können alte oder pflegebedürftige Menschen länger in den eigenen vier Wänden wohnen. Bei der Entwicklung sogenannter Musterwohnungen arbeitet die Forschung eng mit Pflegern sowie Senioren zusammen. Zum Beispiel entwickelt das Architekturbüro „AAB Die Raumkultur“ sogenannte „Ermündigungswohnungen“ in Berlin. Auf 140 Quadratmetern werden insgesamt etwa 80 elektronische Hilfen eingebaut.
Warum die Technik für die Masse (noch) nicht zugänglich ist
Technisch ist heute sehr viel möglich und Deutschland wäre grundsätzlich für eine Massenanwendung bereit. Doch Kosten sind die größte Hürde. Viele Innovationen sind nicht auf dem Markt verfügbar, weil niemand investieren möchte. Es findet sich kein Hersteller und die Förderung des deutschen Gesundheitssystems fehlt. Weiteres Problem ist die gesellschaftliche Wahrnehmung. Eine Massenverbreitung steht noch aus und würde den Preis beeinflussen. Doch die Kontrolle durch Maschinen ist vielen Menschen unheimlich und bereitet oft sogar Angst. Schließlich lässt sich weiterhin fast jedes System austricksen und auch die Analyse von AAL ist anfällig für Schwächen (Zum Beispiel, indem die Schublade und die Pillendose geöffnet, aber die Pillen dennoch nicht eingenommen werden). In der praktischen Anwendung ist es umso wichtiger, dass alle Beteiligten – insbesondere die Pflegebedürftigen – voll und ganz hinter der technischen Lösung stehen. Vertrauen, Akzeptanz und Kommunikation sind von hoher Bedeutung. Ein weiterer, abschreckender Punkt mag die Fülle an gesammelter persönlicher Daten sein, die mehreren fremden Personen und Einrichtungen zur Verfügung stehen.
Steigende Lebenserwartung und Pflegekräftemangel – gute Gründe für AAL
Doch langfristig scheint AAL eine Notwendigkeit zu sein. Dies untermauert auch Bernd Klein von CIBEK: „In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden wir schon Riesenprobleme haben. Wir haben einen großen Pflegekräftemangel und wir haben immer mehr Engpässe in den Pflegeheimen. (…) Das Ziel in der Pflege ist heute, dass die Leute mehr ambulant gepflegt werden. Nur, wenn man zu Hause versorgt wird, kann man nicht immer jemanden 24 Stunden zur Kontrolle bei sich haben.“ Hinzu kommt, dass die Lebenserwartung der Menschen in den folgenden 25 Jahren steigen wird. AAL kann dem Mangel an Pflegekräften zwar nicht entgegenwirken, die Pflege Zuhause jedoch erleichtern. Die Politik ist sich dessen durchaus bewusst und fördert verschiedene solcher Forschungsprojekte. Nicht selten sind auch Krankenkassen involviert.
Die Kosten scheinen hoch, doch langfristig spart man mit der technischen Unterstützung Geld: Das Unternehmen CIBEK rüstet eine Zwei-Zimmer-Wohnung für 3.500 Euro aus, was in etwa einem Monat Pflegeheim entspricht. Danach verbleiben im Grunde nur monatliche 18 Euro für Updates. Wer eine private Pflegetagegeldversicherung hat, kann seine Leistungen zum Beispiel hierfür nutzen. Und auch der Staat spart dabei. Denn Gesundheitsökonomen sowie eine 2014 vom Bundesgesundheitsministerium beauftragte Studie prognostizieren, dass durch den Einsatz von Technik die Unterbringung in Pflegeheimen verzögert oder vermieden wird. Auf den Seiten des Pflegeversicherers UKV Union Krankenversicherung erfahren Sie hilfreiche Antworten zu wichtigen Fragen rund um das Thema und die Übernahme von Pflegekosten.